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Landesregierung startet Prozess für zweiten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen

Gruppenbild_MUNV NRW

Ergebnisoffene Suche nach neuem Großschutzgebiet mit Beteiligung von Politik und Zivilgesellschaft

Die Landesregierung teilt mit:

Fast 20 Jahre nach der erfolgreichen Gründung des Nationalparks Eifel soll in Nordrhein-Westfalen ein zweites Großschutzgebiet errichtet werden. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz gaben die Ministerinnen Silke Gorißen und Mona Neubaur sowie Minister Oliver Krischer am Mittwoch, 6. September 2023, den Startschuss für den entsprechenden Findungsprozess. „Nationalparke sind weltweit und in Deutschland eine Erfolgsgeschichte. 16 solcher herausragenden Großschutzgebiete gibt es allein von der Nordsee bis zum bayerischen Wald“, sagte Umweltminister Oliver Krischer: „Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine faszinierende und vielfältige Natur. Diesen Naturschatz wollen wir mit einem zweiten Nationalpark für die nächsten Generationen erhalten und für die Menschen erlebbar machen.“

Die stellvertretende Ministerpräsidentin, Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur: „Der Nationalpark Eifel hat in den letzten zwei Jahrzehnten in Nordrhein-Westfalen gezeigt, wie erfolgreicher Naturschutz umgesetzt werden und davon eine ganze Region wirtschaftlich profitieren kann. Daran wollen wir mit einem zweiten Nationalpark anschließen.“ Das Land wird sich aktiv an der Errichtung eines zweiten Großschutzgebietes beteiligen.

Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Silke Gorißen: „Das ‚A‘ und ‚O‘ für einen zweiten Nationalpark ist ein erfolgreicher und ergebnisoffener Beteiligungsprozess und die Akzeptanz vor Ort für das wichtige Landesvorhaben. Bei meinen Reisen durch das Land nehme ich auch Skepsis wahr, die in ländlichen Regionen geäußert wird. Deshalb ist der jetzt angestoßene Beteiligungsprozess so wichtig. Nur mit einer breiten Akzeptanz in der Region kann ein zweiter Nationalpark gelingen.“

 

Dreistufiges Verfahren zur Ausweisung des Nationalparks

Im Koalitionsvertrag haben sich die regierungstragenden Parteien da-rauf verständigt, die Biodiversitätskrise wirksam zu bekämpfen und in allen Politikfeldern mitzudenken. Dazu zählt auch, dass ein zweiter Nationalpark ausgewiesen werden soll und dazu ein Interessenbekundungsprozess initiiert wird. Dieser Prozess soll bis Ende des ersten Quartals 2024 laufen.

In einem ersten Schritt soll ein unverbindliches Interessenbekundungsverfahren erfolgen. Die Initiative für eine Teilnahme an diesem Prozess kann sowohl aus der Politik als auch aus der engagierten Öffentlichkeit erfolgen. Interessierten Regionen und Kreisen werden verschiedene Hilfen zur Verfügung gestellt, um einen Partizipationsprozess für die Bürgerinnen und Bürger bestmöglich durchführen zu können. Die Landesregierung gewinnt so einen Überblick über potentielle Bewerberinnen und Bewerber für einen zweiten Nationalpark. In den Regionen kann ein Stimmungsbild in der Bevölkerung eingeholt und der Beteiligungsprozess bereits angeschoben werden.

Im Anschluss wird als zweiter Schritt ein qualifiziertes Antragsverfahren durchgeführt, das allen Kreisen und Regionen, unabhängig ihrer Teilnahme an dem Interessenbekundungsverfahren, offenstehen wird. Dieser Antragsschritt dient der Landesregierung als Entscheidungsgrundlage für die Festlegung einer Region und soll zudem eine Gebietskulisse für die Errichtung eines zweiten Nationalparks enthalten.

Danach erfolgt in einem dritten Schritt, wenn eine Region ausgewählt wurde, das formale Ausweisungsverfahren durch die Landesregierung. In diesem Verfahrensschritt erfolgt zunächst die Erarbeitung eines Verordnungsentwurfes für den zweiten Nationalpark in breiter Beteiligung und öffentlicher Auslegung.

Das Land unterstützt das Interessenbekundungsverfahren (1. Prozessschritt) auf mehreren Ebenen: Über eine vom Umweltministerium beauftragte Agentur können aus den interessierten Regionen Unterstützungsangebote zu Beratung, Moderation sowie zur Umsetzung von Veranstaltungen und Online-Dialogen abgerufen werden. Zusätzlich werden über die Bezirksregierungen Fördermittel bereitgestellt, um individuelle Formate der Meinungsbildung in den Regionen zu unterstützen. Diese Unterstützungsangebote kommen primär für kommunale Gebietskörperschaften, aber auch für Vereine und Verbände, deren Ziel die Unterstützung des Nationalparkdialoges ist, in Frage.

 

Landesregierung setzt auf Dialog vor Ort

Die Landesregierung setzt beim Prozess für einen zweiten Nationalpark auf den Dialog vor Ort. Die ebenfalls für den ländlichen Raum und Forstangelegenheiten zuständige Ministerin Silke Gorißen sagt: „Wir wollen die Menschen mitnehmen. Es gibt naturgemäß viele offene Fragen und auch Sorgen, die mit den Bürgerinnen und Bürgern besprochen werden müssen.“

Es gibt hinsichtlich des Gebiets des zweiten Nationalparks keine Festlegung durch die Landesregierung. Ministerin Silke Gorißen: „Wir wollen einen landesweiten und ergebnisoffenen Prozess. Dort, wo landeseigene Flächen für den Nationalpark geeignet sind, zum Beispiel im Staatswald, werden wir sie miteinbeziehen.“
Das Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz weist zudem darauf hin, dass sich der Landesbetrieb Wald und Holz NRW mit seiner Fachkompetenz bei forst- und holzwirtschaftlichen Fragen in den Findungsprozess einbringen will. Gleiches gilt für die Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadensverhütung und die Landwirtschaftskammer NRW.

Die Ausweisung eines Nationalparks ist grundsätzlich nicht an die Flächen des Eigentums des Landes gebunden. Darüber hinaus können selbstverständlich auch Flächen Dritter in das Gebiet integriert werden, wenn hierzu eine belastbare Zusage der Eigentümerin oder des Eigentümers beigebracht wird. Perspektiven für eine zukünftige räumliche Erweiterung können in die Überlegungen für eine Kulisse mit einbezogen werden.

 

Nationalparke als Wirtschaftsfaktor

Seit nunmehr 20 Jahren zeigt der Nationalpark Eifel in Nordrhein-Westfalen, wie aktiver Naturschutz, sanfter Naturtourismus und Stärkung der regionalen Wirtschaft von einem solchen Großschutzgebiet profitieren. Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur: „Der National-park Eifel ist eine echte Erfolgsgeschichte. Seit zwei Jahrzehnten ist er wertvoller Hort biologischer Vielfalt, Faktor einer nachhaltigen Entwicklung und Vorbild für erfolgreichen Naturtourismus. An diese Erfolgsgeschichte wollen wir mit einem zweiten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen anknüpfen.“

Mit 1.016.880 registrierten Besuchen überschritten die Besuchszahlen im letzten Jahr das dritte Mal in Folge die Marke von einer Million Gästen. Seit der ersten Volluntersuchung 2007 (450.000 Gäste) haben sich die Besucherzahlen des Nationalparks Eifel mehr als verdoppelt. Eine Studie aus den Jahren 2014/2015 zeigt, dass der Nationalpark in der Region bei damals 870.000 Besuchen einen Bruttoumsatz von über 30 Millionen Euro bewirkte, das entspricht rechnerisch 674 Arbeitsplätzen. Ein Gutachten zu den aktuellen regionalökonomischen Effekten ist in Auftrag gegeben worden und wird demnächst vorliegen.
Ministerin Neubaur: „Wie schon in der Eifel werden wir als Land den Naturtourismus auch bei einem zweiten Nationalpark aktiv unterstützen.“

 

Rote Liste der gefährdeten Arten

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund des alarmierenden Rückgangs der biologischen Vielfalt haben Nationalparke weltweit eine herausragende Bedeutung beim Schutz von Arten und Lebensräumen. „Der Artenverlust ist neben der Klimakrise die zweite große ökologische Bedrohung für uns und die Art und Weise, wie wir leben“, sagte Umweltminister Krischer. Auch in Nordrhein-Westfalen ist die biologische Vielfalt gefährdet durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren. „Obwohl wir durch eine ambitionierte Naturschutzpolitik erfolgreiche Projekte und Maßnahmen vorweisen können, darf das aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verlust an biologischer Vielfalt trotzdem weitergeht – und teilweise mit ungebremster Geschwindigkeit“, begründete Minister Oliver Krischer den Schritt für einen zweiten Nationalpark.

Bis Ende des Jahres werde das Ministerium zum fünften Mal die Rote Liste der gefährdeten Arten in Nordrhein-Westfalen vorlegen. „Und auch wenn sich einige Indikatoren zum Besseren entwickelt haben, werden wir keine Entwarnung geben können. Wir müssen unsere Anstrengungen noch verstärken. Deshalb haben wir in den letzten Monaten seit der Regierungsübernahme die Weichen dafür gestellt.“ Mehr als 43.000 verschiedene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten und rund 70 verschiedene Lebensräume bilden die Grundlage für den Artenreichtum in Nordrhein-Westfalen. Doch bleibt der Verlust an biologischer Vielfalt weiterhin hoch, dies zeigen auch die Zahlen der aktuellen Roten Liste der gefährdeten Arten:

  • Etwa 45 Prozent der untersuchten Tier-, Pilz- und Pflanzenarten stehen in Nordrhein-Westfalen auf der „Roten Liste“ – sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben.
  • Rund 80 Prozent der Lebensräume im Tiefland sind in einem ungünstigen Erhaltungszustand – allen voran Moore, Grünland- und Gewässerlebensräume sowie Eichen- und Auenwälder.
  • Und aktuell sind nur 8,8 Prozent aller Fließgewässer in Nord-rhein-Westfalen in einem sehr guten oder guten ökologischen Zustand.

Die Ursachen des Artensterbens und des Verlustes biologischer Vielfalt sind neben den Folgen des Klimawandels auch eine zu intensive Flächen-Nutzung und die Zerstörung und Zerschneidung naturnaher Lebensräume. „Umwelt und Natur sind Grundlagen von Ernährung, Heimat, Wirtschaft und Erholung. Ohne eine intakte Natur gefährden wir diese Grundlagen“, sagte Minister Krischer.

 

Weitere Informationen:

 

Mitschnitt der Pressekonferenz

 

 

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