Nationalpark Eifel: Eine Erfolgsgeschichte für Mensch, Natur und Region
Der Fragenkatalog war lang, als die Planungen für den ersten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen vor gut 20 Jahren begannen. Eine ganze Region machte sich auf dem Weg, um sich an der Umsetzung zu beteiligen und um die vielen offenen Punkte zu klären. Denn wie so oft bei Großprojekten hatten die Menschen mehr Fragen als Antworten: „Wie viel wird der Eintritt kosten?“, „Wird ein Zaun um das Gebiet gezogen?“, „Wann sind die Öffnungszeiten?“, „Auf welchen Wegen darf ich den Nationalpark besuchen?“ oder „Darf ich meinen Hund mitnehmen?“.
Inzwischen sind zwei Jahrzehnte vergangen und viele Fragen von damals stellen sich heute nicht mehr. Der Nationalpark Eifel genießt als fester Bestandteil der Region eine hohe Zustimmung. Die Menschen vor Ort sind stolz auf ihr Schutzgebiet und profitieren von ihm. „Der Nationalpark Eifel ist ein voller Erfolg für Mensch, Natur und die Region“, sagt Umweltminister Oliver Krischer heute. „Er ist seit zwei Jahrzehnten ein wertvoller Hort der biologischen Vielfalt, Motor einer nachhaltigen Entwicklung und Vorbild des sanften Naturtourismus. Ich bin ein großer Fan des Nationalparks und das schon seit der ersten Stunde.“
Seit seiner Gründung am 1. Januar 2004 zeigt der bisher einzige Nationalpark in Nordrhein-Westfalen, dass er ein wichtiger Motor der wirtschaftlichen Regionalentwicklung ist. Mit 1.016.880 registrierten Besuchen überschritten die Besuchszahlen im letzten Jahr das dritte Mal in Folge die Marke von einer Million Gäste. Seit der ersten Volluntersuchung im Jahr 2007 (450.000 Gäste) haben sich die Besuchszahlen des Nationalparks mehr als verdoppelt. Um regionalökonomischen Effekte zu ermitteln, wurde im Jahr 2022 eine große sozioökonomische Wiederholungsuntersuchung begonnen. Eine Studie aus den Jahren 2014/2015 zeigte, dass der Nationalpark in der Region bei damals 870.000 Besuchen einen Bruttoumsatz von über 30 Millionen Euro bewirkte, was rechnerisch 674 Arbeitsplätzen entspricht. „Der Nationalpark Eifel und die Region zeigen, wie erfolgreicher Naturschutz umgesetzt werden kann und davon Natur und Mensch gleichzeitig profitieren. Hieran wollen wir anknüpfen“, kündigt Umweltminister Oliver Krischer an.
Naturerleben – 365 Tage im Jahr
Um die Vielfalt und Schönheit der Natur zu erkunden, steht ein attraktives Netz an Wegen zur Verfügung. Das ganze Jahr über werden zudem vielfältige Naturerlebnis- und Umweltbildungsprogramme angeboten. Der Veranstaltungskalender des Nationalparks Eifel umfasst rund 500 organisierte Angebote pro Jahr. Ein echter Anziehungspunkt ist der barrierefreie Naturerlebnisraum „Wilder Kermeter“ – mit Wanderwegen und interaktiven Erlebnismodulen als Umweltbildungsangebot für Menschen mit und ohne Behinderung. Allein der barrierefreie Natur-Erkundungspfad „Der Wilde Weg“ dort zählt jährlich über 80.000 Gäste. Auch für Schulen, Kinder- und Jugendgruppen gibt es vielfältige Programme: Von der Junior-Ranger-Schulung über Nationalpark-Schulen und -Kitas bis hin zu den Tages- und Mehrtagesprogrammen der Wildnis-Werkstatt und des Jugendwaldheims.
Zahlreiche Gastronomie- und Übernachtungsbetriebe im Umfeld des Nationalparks Eifel haben zudem an der Zertifizierung zu Nationalpark-Gastgebern teilgenommen. Gemeinsam mit den touristischen Leistungsträgern in der Region entstehen so Programme und Angebote – wie der viertägige Wildnis-Trail, organisierte Wanderungen und spezielle ÖPNV-Angebote.
Biologische Vielfalt profitiert durch Nationalpark
Gerade der Nationalpark Eifel zeigt, welche positive Wirkung ein solches Großschutzgebiet mit seinen gut 10.700 Hektar auf die Artenvielfalt hat. Unter den 11.356 nachgewiesenen Arten im Nationalpark befinden sich 2.614, die auf der „Roten Liste der gefährdeten Arten“ stehen. So leben im Nationalpark Eifel Wildkatzen, Milane, Mauereidechsen, Wildnarzissen und auch typische Arten für alte Wälder wie der „Urwald-Pilz“ Ästiger Stachelbart. Mit gemeinsamen Initiativen konnten im Nationalpark Eifel bereits große Fortschritte auf dem Weg zu naturnahen Lebensräumen erzielt werden. Ein Beispiel ist das 4,2 Millionen Euro umfassende Life+-Projekt „Wald – Wasser – Wildnis“, das gemeinsam mit der Biologischen Station StädteRegion Aachen e. V. umgesetzt wurde. Unter anderem wurden rund 80 Kilometer naturnahe Bäche wiederhergestellt.
Allein im Jahr 2022 konnten Forscherinnen und Forscher weitere 156 Arten nachweisen. Ein neu gefundener Pilz ist beispielsweise der Duftende Goldporling, der an einem älteren Baumstumpf direkt am Bachufer gefunden wurde. Ein weiterer Neufund für Nordrhein-Westfalen ist der Schmetterling Pammene agnotana. Insgesamt umfasst die Artenliste der Schmetterlinge inzwischen 1.430 Arten. „Die nachgewiesenen Arten und die Entwicklung der Wälder zeigen, dass die Natur im Nationalpark nach und nach in ihre Kreisläufe zurückfindet und von den ungestörten Lebensräumen profitiert“, so der langjährige Leiter der Nationalparkverwaltung, Dr. Michael Röös, bei der Vorstellung des Jahresberichtes 2022. In den Wäldern konnte die Nationalparkverwaltung feststellen, dass vor allem die Rotbuche häufiger wird, was ein Hinweis auf die Abnahme der Einflüsse früherer Nutzungen ist.
„Wir brauchen mehr solcher großen Lebensräume für Natur und Artenvielfalt. Denn auch an Nordrhein-Westfalen geht das Artensterben nicht spurlos vorbei“, sagt Umweltminister Oliver Krischer. „Der Artenverlust ist neben der Klimakrise die zweite große ökologische Bedrohung für uns und die Art und Weise, wie wir leben. Auch wenn wir durch eine ambitionierte Naturschutzpolitik in den letzten Jahrzehnten viele einzelne Erfolge vorweisen können, darf das aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verlust an biologischer Vielfalt in der Fläche trotzdem weitergeht – und teilweise mit ungebremster Geschwindigkeit.“
Fast die Hälfte der Arten auf der „Roten Liste“
Etwa 45 Prozent der untersuchten Tier-, Pilz- und Pflanzenarten stehen in Nordrhein-Westfalen auf der „Roten Liste“, das heißt sie sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Rund 80 Prozent der Lebensräume im Tiefland sind in einem ungünstigen Erhaltungszustand – allen voran Moore, Grünland- und Gewässerlebensräume sowie Eichen- und Auenwälder. Und aktuell sind nur 8,8 Prozent aller Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen in einem sehr guten oder guten ökologischen Zustand. Die Ursachen des Artensterbens und des Verlusts an biologischer Vielfalt sind menschengemacht: Neben den Folgen des Klimawandels gehören hierzu unter anderem eine zu intensive Bewirtschaftung von Flächen, die Zerstörung und Zerschneidung naturnaher Lebensräume und der fortschreitende Verlust an wertvollen Naturflächen.
LANUV NRW 2023
„Nordrhein-Westfalen hat eine faszinierende Natur und eine besondere Artenvielfalt. Es ist ein Naturschatz, den wir für die nächsten Generationen bewahren und schützen müssen“, sagt Umweltminister Oliver Krischer. „Der Nationalpark Eifel zeigt seit mehr als 20 Jahren, wie wir dieses Ziel erreichen können.“