Direkt zum Inhalt

Wolfgang Richard Müller, Rees

Wolfgang Richard Müller, Rees

1) Könnte es Probleme hinsichtlich der Größe des gepl. NP Reichswald geben, da der Staatsforst "nur" >5100 ha Fläche umfasst? Ein seinerzeit angedachter NP Siebengebirge im Süden NRW's mit ~4200 ha Fläche wurde von einer Fachbehörde als zu kleinräumig bezeichnet und dieserhalb von letzterer nicht befürwortet.
2) Wie sieht Wald und Holz, das Regionalforstamt Niederrhein mit Sitz in Wesel einen möglichen NP Reichswald?
3) Gibt es erste Überlegungen zur künftigen forstwirtschaftlichen Nutzung des Reichswaldes in einem NP? Sicher ist ja, das große Teile des Reichswaldes auch weiterhin / künftig forstwirtschaftlich genutzt werden sollten / müssten.
4) Die Ausübung der Jagd auf Schalenwild (Rothirsch, Wildschwein) in einem möglichen NP sähe ich nicht problembehaftet, jagdliche Eingriffe müssten md. auf lange Zeit weiterhin stattfinden.
5) Politiker sollten sich mehr mit der Ökologie und weniger mit der Tourismus-Förderung in einem möglichen NP Reichswald befassen. NP's sind keine "Spielwiesen" für Wirtschaftsförderung.
6) Einen NP Reichswald kann und darf es nur ohne WEA i m Reichswald geben.

Antwort

Hallo Herr Müller, vielen Dank für Ihre Fragen zur Größe eines möglichen Nationalparks im Reichswald, zu Wald und Holz NRW, zur künftigen forstwirtschaftlichen Nutzung, zur Jagd und zum Verhältnis von Ökologie und Wirtschaftsförderung.

Es gibt keine starre Mindestgröße für das Gebiet eines Nationalparks. Die fachlichen Kriterien für einen Nationalpark werden durch § 24 Bundesnaturschutzgesetz vorgegeben: Es handelt sich dabei um ein Gebiet, das großräumig, weitgehend unzerschnitten und von besonderer Eigenart ist, in einem überwiegenden Teil die Voraussetzungen eines Naturschutzgebiets erfüllt und sich in einem überwiegenden Teil in einem vom Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand befindet oder geeignet ist, sich in einen Zustand zu entwickeln oder in einen Zustand entwickelt zu werden, der einen möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik gewährleistet. Sie haben Recht, dass ein Nationalpark Reichswald im Vergleich zu bestehenden Nationalparks eher klein wäre - kleiner wäre nur der Nationalpark Jasmund (Kreidefelsen Rügen) mit 3.070 ha Fläche. In den nicht verbindlichen Qualitätskriterien für Deutsche Nationalparke des Dachverbandes Nationale Naturlandschaften e.V. (ehemals Europarc) heißt es zur Größe: "Ein Nationalpark umfasst mindestens eine Fläche von 10.000 ha. Ausnahmsweise kann auch ein kleineres Gebiet von besonderer internationaler Repräsentativität Nationalpark sein. Das Gebiet ist so abgegrenzt, dass derSchutzzweck darin ermöglicht wird." Im Kommentar zu § 24 Bundesnaturschutzgesetz schreibt Dr. jur. Markus Appel, dass es für die Frage der Großräumigkeit darauf ankomme, welche Mindestgröße im konkreten Fall angesichts der natürlichen Gegebenheiten und der Einwirkungen des Umfelds zur Erreichung des jeweiligen Schutzziels notwendig ist (in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, § 24 Nationalparke, Nationale Monumente). Vor dem Hintergrund der vergleichsweisen Waldarmut des nordwestdeutschen Tieflandes erscheint es gegenüber anderen Naturräumen Deutschlands angebracht, die Anforderungen an das Kriterium "Großräumigkeit" für den Reichswald nicht an der Marke von 10.000 ha festzumachen.

Wald und Holz NRW und somit das Forstamt Niederrhein vertritt die Interessen der Eigentümerin, welche das Land Nordrhein-Westfalen ist. Dieses hat mit der aktuellen Landesregierung die Absicht erklärt einen zweiten Nationalpark in NRW zu etablieren und wird dem entsprechend von Wald und Holz darin unterstützt.

Grundsätzlich besteht in Nationalparken die generelle Zielsetzung, die menschliche Nutzung der Naturgüter im Nationalparkgebiet zu beenden. Dies umfasst auch die Nutzung des Rohstoffes Holz. Dennoch kann das Fällen von Bäumen im Rahmen von Managementmaßnahmen, wie beispielsweise beim Börkenkäfermanagement oder bei Waldumbaumaßnahmen, notwendig sein. Im Rahmen solcher Maßnahmen gefällte Bäume verbleiben in der Regel in der Natur, wobei es in Abhängigkeit des Zwecks der Maßnahme erforderlich sein kann eingeschlagenes Holz abzutransportieren und zu verwerten.

Ihre Einschätzung zur Jagd können wir teilen. Gemäß einer Übereinkunft des Dachverbandes der deutschen Großschutzgebiete ist Wildtierregulierung in Nationalparken zur Erreichung eines Schutzzweckes, Erhaltung und Wiederherstellung natürlicher oder naturnaher Waldbestände, unmittelbarer Gefahrenabwehr (z.B. Erosionsschutz, Tierseuchen) und Vermeidung nicht vertretbarer negativer Auswirkungen auf angrenzende Kulturlandschaften dennoch möglich und häufig auch notwendig. Die konkrete Ausgestaltung der Jagd in einem Nationalpark wird in der jeweiligen Nationalparkverordnung definiert. Weitere Informationen zum Thema Wildtierregulierung in deutschen Nationalparken finden Sie im Positionspapier Wildtierregulierung von Europarc Deutschland oder in der Nationalparkverordnung des Nationalpark Eifel.

Das Naturerlebnis der Bevölkerung gehört ausdrücklich zu den gesetzlichen Aufgaben von Nationalparken. Ein Nationalpark steht grundsätzlich allen Menschen ganzjährig kostenlos offen und kann auf eigene Faust oder im Rahmen von geführten Touren erlebt werden. Ein Nationalpark kann dadurch positive Effekte für den Tourismus in der Umgebung haben, wovon auch andere Einrichtungen (Beherbergungen, Versorgung, Einzelhandel) profitieren. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat beispielsweise die wirtschaftlichen Effekte von Tourismus in Nationalparken und Biosphärenreservaten zusammengestellt.

Viele Grüße, das Moderationsteam

Cookies UI